Mittwoch, 3. Juli 2013

Reviews (local): FELIX OLSCHEWSKI

FELIX OLSCHEWSKI - Blood And Souls 
Digipak-CD | Eigenproduktion: www.felixolschewski.de | 10 Songs - 38:02 Minuten

Man sagt ja immer, dass das Emsland ein Dorf ist und hier sowieso jeder jeden kennt. Von daher finde ich es ganz witzig, was für Dinge hier dann doch immer wieder plötzlich auf meinem Radar auftauchen, von denen ich gar nichts gewusst hatte. Eins dieser "Dinge" ist die CD von Felix Olschewski, von der ich neulich über ein paar Ecken erfahren hatte. Felix selbst kenne ich nicht persönlich, der ist eher ein Bekannter von ein paar Bekannten, die mir steckten, dass es da einen Verrückten auf dem Twist gibt, der neben so exotischen Tätigkeiten wie Kochbücher schreiben und Arbeit an PC-Games auch im Alleingang ein komplettes Metal-Album aufgenommen hat.

Felix Olschewski: Blood And Souls CD - Schöner Digipak mit Beiheft, tolle Aufmachung!
Die Neugier war also geweckt, ich hab mir die CD dann direkt von Felix besorgt. Allein der äußere Eindruck besticht bei dem Album schon mal, denn wo andere Bands ihre CD in ein popeliges Plastik-Tray mit einseitig bedrucktem Beiblatt packen, oder gar in eine schnöde Pappstecktasche, steckt die "Blood And Souls" Scheibe in einem feinen Digipak und punktet außerdem mit einem 8-seitigen Booklet mit allen Lyrics und kurzen Linernotes zur Albumentstehung vom Meister selber. Wie sagt man noch so schön? Das Auge isst mit! Eine Sache die viele mp3-Konsumenten wohl nie verstehen werden... Für mich sind Sachen wie Aufmachung, Artwork, Haptik etc. beinahe gleichrangig mit der Musik. Einen physischen Tonträger sollte man meiner Meinung nach immer als kleines Gesamtkunstwerk betrachten und deswegen nicht an irgendwelchen Enden sparen oder schludern.

Um mal beim äußeren Eindruck zu bleiben: Auch das Artwork ist was Besonderes. Heutzutage ist es ja ein Leichtes in einem halben Photoshop-Stündchen ein paar Totenköpfe aneinanderzukleistern und so ein "evil" Metalcover zu bauen. Hier fällt direkt auf, dass sich da jemand weitaus mehr Mühe gegeben hat, in dem Falle Felix Olschewski's Freundin, die offensichtlich als professionelle Illustratorin tätig ist. Zu dem ganzen Cover-Entstehungsprozess gibt's auch ein ganzes Video, unterlegt mit Songs aus dem Album. Ein gewisser Nerd-Faktor ist natürlich nicht von der Hand zu weisen, aber ich finde das total interessant!


Am Cover/Artwork lässt sich dann auch schon eine gewisse Marschrichtung für das Wesentliche ablesen: Die Musik! Drachen, Schwerter, düstere Dämonengestalten - auch musikalisch und textlich bewegt sich das Ganze natürlich in diese Richtung. Wenn wir also Genre-Schubladen aufreißen wollen, würde ich sowas wie "dark Fantasy-Metal" wählen. Auch das ist natürlich ein bisschen nerdig, aber mit sowas waren und sind ja z. B. auch Bands wie BLIND GUARDIAN (die Felix in den Linernotes u. a. auch als starken musikalischen Einfluss nennt) erfolgreich (und vom Erfolg von Fantasykram wie "Game Of Thrones" brauchen wir gar nicht zu reden)... Ich sage an dieser Stelle gleich mal dazu, dass Sound und Genre nicht so ganz auf meiner gewohnten Geschmackslinie liegen, von daher werde ich mich hier mit allzu starken Wertungen auch dezent zurückhalten.

Festzuhalten ist auf jeden Fall, dass das "Blood And Souls" Album einen sehr signifikanten Sound hat. Doom Metal würde ich es noch nicht nennen, aber das Tempo ist eher ein "majestätisches Schreiten" - andauernde Hi-Speed-Attacken sollte man hier nicht erwarten. Und eine wesentliche Charakteristik setzt Felix natürlich mit seiner Stimme, die eher ein tiefes beschwörendes Raunen ist, als tatsächlicher Gesang im eigentlichen Sinne. Das ist vielleicht eine Sache, an der sich manche Geister scheiden werden, ich persönlich finde den Gesamtsound aber durchaus stimmig.

Bedingt dadurch, dass die Scheibe im Alleingang eingespielt wurde, wird manch einem der Klang sicherlich auch etwas trockener/steriler vorkommen als "richtiger" Bandsound. Aber das sind wohl Sachen die Felix sich in jedem Review anhören darf, genauso wie die Einwände, dass ein echter Drummer besser und variabler klingt als ein Drumcomputer und das man mit einer kompletten Bandbesetzung sicherlich noch einige kompositorische Arrangements besser hätte ausfeilen können. Die Produktion ist jedenfalls amtlich, rechnet hier nicht mit rumpeligem Proberaumsound, das hier ist definitiv auf Profi-Niveau!

Genauso könnten "Die-hard-Metaller" übrigens auch monieren, dass sich ein martialischer Bandname wie "Barbaric Dragonslayer" oder "Apocalyptica Destroya" auf so einem Album vielleicht besser gemacht hätte, also der gar nicht so "metallische" Name des Solokünstlers Felix Olschewski, hehe... Aber Felix wird seine Wahl da wohl bewusst getroffen haben, genauso wie er das Album auch bewusst alleine eingespielt hat, einfach weil sich offensichtlich keine kompetenten Mitstreiter für diese Art von Musik fanden, die bereit waren die gleiche Energie und Arbeit beizusteuern. Na ja, wahrscheinlich ist es im Endeffekt auch ein bisschen einfacher anschließende Einwände von Review-Schlaumeiern über sich ergehen zu lassen, als sich bereits in der Entstehungsphase mit nervigen Bandkollegen im Proberaum die Augen auszukratzen, haha... ;)

Hier soll es aber gar nicht darum gehen, auf solch möglichen Schwächen herumzureiten, das überlasse ich lieber anderen. Ich sehe hier vielmehr, dass jemand so etwas wie eine starke künstlerische Vision hatte und sich die unglaubliche Mühe und Arbeit gemacht hat, diese Vision quasi im Alleingang in die Tat umzusetzen. Und davor ziehe ich respektvoll den Hut! Insofern ist die Platte für Felix Olschewski sicherlich ein wichtiges Projekt zur eigenen künstlerischen Verwirklichung. In dem Kontext sind vielleicht auch die Zeilen aus dem Song "The Paradox Of Choice" zu lesen:
No one else to stop you / no one else to judge you / no one else to blame / but yourself
Und so eine Zeile mit so einem Album in der Hinterhand können wohl nur die wenigsten von sich geben! Wie gesagt: Musikalisch ist es zwar nicht ganz meine Baustelle, aber das ist ja bekanntlich Geschmackssache und ich kann mich in der richtigen Stimmung durchaus mit dem Album anfreunden. Wer sich im Emsland für Metal interessiert sollte die Scheibe ruhig mal antesten. Was mich hier hauptsächlich beeindruckt, ist diese unglaubliche DIY-Energie, die in diesem Projekt steckt. Deshalb nochmal: Hut ab vor dieser Leistung!