Mittwoch, 25. Januar 2012

Bands: Emsland-Hype I – Backwood Creatures

Zum Ende des alten Jahrtausends erregten die BACKWOOD CREATURES nicht nur in Meppen einiges Aufsehen, sondern allmählich auch die Aufmerksamkeit der nationalen Fanzine-Szene. Ein ganz findiger Schreiberling saß in Oberhausen, seines Zeichens auch Bassist der Budget-Rocker NIMRODS, mit ihrem einzigartigen "One-String-Bass", hier im Einsatz zu sehen:


Waaaaahnsinn! Ich sehe jedesmal Bassvirtuosen und Musikschullehrer im Publikum verzweifeln, wenn die NIMRODS auftreten. Und Brandschutzbeauftragte, denn die Band hat auch immer massig Wunderkerzen im Gepäck und wirft mit Sonnenbrillen und all so'n Firlefanz. Die gibt's auch noch, ich glaube ich sollte mal ein Konzert mit denen machen...

... doch ich schweife ab. Dem besagten Bassvirtuosenfanzineschreiberling brannte damals jedenfalls (wir schreiben das Jahr 1998) die Frage unter den Nägeln: "Wo ist in Deutschland das zweite Seattle?!?!" Bzw.: "Wo kann ich durch einen klug platzierten Musikmagazin-Fachartikel das neue deutsche Seattle kreieren?!?!?" Tja, und da kamen die jungen und smarten BACKWOOD CREATURES daher! Tatsächlich haben die damals desöfteren in Oberhausen gespielt, bei den allseits beliebten "Crypt Style Hop" Parties. Und da in der emsländischen Heimat der BACKWOODS das Jahr über auch meist ähnlich mieses Wetter wie in der US-Hauptstadt des Grunge herrschte war schnell klar: MEPPEN IST DAS NEUE SEATTLE!!! Der "Emsland-Hype" war geboren!

Um dem Ganzen die nötige Substanz zu geben schrieb der schon erwähnte Fanziner noch schnell einen investigativ recherchierten Artikel und ab ging die wilde Fahrt (falls jemand eine total irre Einleitung erwartet, muss ich gestehen, dass die irgendwo in den Weiten des www verloren gegangen ist, deshalb geht’s hier gleich ohne viel Federlesen in die Vollen!!!):

 … Damit meine ich gar nicht, daß es da nicht schön wäre, oder so. Auch ich träume bisweilen von einem ruhigen Leben auf dem Land! (Natürlich nur mit guter Autobahnanbindung, am besten dreispurig!) Das Emsland ist aber wohl nun wirklich so etwas wie das bestgehütetste Geheimnis unter den „deutschen Landschaften“, gleichermaßen ein Phantom, von dem keiner so genau weiß, wo es nun eigentlich liegt, geschweige denn, daß auch nur einer schon mal das Wort gehört hätte. Abgeschiedenheit und das Leben in totaler Unbedeutendheit ist allerdings, und das ist ja auch die älteste Weisheit überhaupt, der ideale Nährboden für Träume und Spinnereien von Rock’n‘Roll und ähnlichem Tinnef. Da das Emsland obendrein, auch wenn‘s keiner wußte und schon erst recht keinen interessierte, in Deutschland liegt und das wiederum ein Land ist, in dem der Lebensstandard trotz Rezession und solchen Sachen ganz anständig hoch ist, ist es auch für den Durchschnittspapi (oder auch die Mami) locker drin, seinem Filius genug Taschengeld zukommen zu lassen, daß der sich davon eine Gitarre zusammensparen kann oder was man sonst halt noch so braucht, um eine Band aufzumachen.

So einfach geht das, und die Kleveren haben bestimmt schon gemerkt, das geht ganz einfach so wie überall in der Welt, und das ganze Provinzgelaber ist mal wieder nur journalistisches Blendwerk. Wieso um alles in der Welt sich diese Emsländer aber toften Pop-Punk QUEERS‘scher Prägung und nicht etwa so‘n modernes Fat Wreck-Zeug oder wenigstens Heavy Metal ausgesucht haben, das weiß ich nicht, da haben wir halt Glück gehabt. Das entscheidende an dieser Geschichte ist aber, daß die BACKWOOD CREATURES, das sind nämlich die Emsländer, von denen ich hier schon die ganze Zeit quassele (neben anderen, die ich vielleicht später dann beleuchte), das, wofür sie sich da entschieden haben, supergut können; also spitzenmässigen Kaugummi-Punkrock machen, daß es einem den Kniff aus der Hose trötet, meine ich. (Und deshalb haben wir so ein Glück gehabt! (...zumindest diejenigen, die sich gern mal sowas einschenken.))

An dieser Stelle wird es Zeit für Fakten! Knallhart recherchiertes biographisches Material über diese Band, die sich so selbstironisch als Hinterwäldler bezeichnet, ist es, was der Leser will. Die Geschichte der Band währt mittlerweile zwei Jahre und große Bäume haben die natürlich noch nicht ausgerissen. Wenn ich erfahre, daß der erste Auftritt auf einer Party stattfand, hört sich das für mich nach einer extrem klassischen Band-Sozialisation an. Ein positiver Schicksalsschlag traf die Band dann aber bei einem Auftritt in Lingen (das ist, glaub‘ ich, die R’n‘R-Hauptstadt des Emslandes, oder so), als sie der kleine/große Mann des Punkrocks in Deutschland, Jens „Bumper“ Stuhldreier, der mit seinen JET BUMPERS an jenem Abend auch auftrat, auf der Bühne sah. Der war ob des fachkundig präsentierten Pop-Punks selbstredend in gerechter Begeisterung und bot der Band seine leitende Hand an. In der Folgezeit verschaffte der Solinger, geschäftig wie er ist, seinen Schützlingen einige Auftritte, unter anderem auf seiner Weihnachtsparty anno ‘97 im „Kotten“. (Anm. d. Blogbetreibers: Es folgen die JET BUMPERS mit ihrem damaligen Tanzflächenfeger: "I wanna be like Milhouse")

Tja, so ging es dann immer weiter mit der Band, aber vom „Durchbruch“ (Haha, als ob es sowas gäbe in dieser Branche!) sind die BACKWOOD CREATURES natürlich noch Lichtjahre entfernt. Aber vielleicht ändert sich das ja bald! In Kürze erscheint nämlich die Debüt-Single der „Hinterwäldler des Rock“, wie sie sich aus Jux schon mal bezeichnen, auf Wild Weekend Records, dem aufstrebenden Label des Ehren-Emsländers Holger Daniel. Vier Stücke wird die Platte enthalten, und mit Titeln wie „Hang Around“ oder „Next Summer“ die gesamte Bandbreite adoleszenter Themenvielfalt abdecken. (Anm. d. Blogbetreibers: Es folgt "We can't surf", ein Song von besagter Debüt-Single der BACKWOOD CREATURES. Auch ein großartiger Livehit und nichts als die bittere Wahrheit: Trotz mühevoller Übungseinheiten am Meppener Möllersee konnte tatsächlich keiner aus der Band surfen...)

Damit erstmal genug zu den BACKWOOD CREATURES. Wir wollten doch noch mal sehen, ob es da im Emsland noch was anderes erwähnenswertes gibt. Schließlich wollen wir ja dem EMSLAND-HYPE, von dem soviel geraunt wird, auf die Schliche kommen. In diesem Zusammenhang fällt nämlich des öfteren noch der Name einer anderen Band, und zwar der der FREEBEES! Auch die sind aus irgendeinem unerfindlichen Grund aufs heftigste vom Pop-Punk-Virus infiziert und kleben sich wie irre ihre Gitarren mit einschlägigen Aufklebern von A, wie RIVERDALES, bis Z, wie QUEERS, voll. Das Tolle an den FREEBEES ist dabei, daß das noch echte Teenager sind! Blutjunge Rotznasen von 17, 18 Jahren sind das! So etwas zählt in unserer vom Jugendkult besessenen Gesellschaft natürlich eine Menge. Ich für meinen Teil kann mich ganz einfach immer köstlich amüsieren, wenn bei einem Konzert der FREEBEES deren halbe Klasse mitreist und ich mir vorstelle, was die nun für coole Typen in ihrer Schule sind. Aber so sollte es ja auch eigentlich sein, Pop-Punk sollte von Teenagern gespielt werden und nicht von abgehalfterten so-gut-wie-30-jährigen, die, obwohl sie‘s eigentlich besser wissen sollten, immer noch Rockstar-Spinnereien im Kopf haben. Im Vergleich mit den BACKWOOD CREATURES schneiden die FREEBEES allerdings noch eine Nuance holpriger ab, was freilich kein Nachteil sein muß. Außerdem haben sie eine kraße Vorliebe für ellenlange Balladen mit haufenweise langezogenen „Uuuhs“ und „Aaahs“, da sage noch einer, die heutige Jugend würde verrohen! (Anm. d. Blogbetreibers: Nachfolgend ein Song von THE VADERS, einer Nachfolgeband der FREEBEES, mit Bandchef Peter. Da sind sie aber schon eine ganze Ecke vom alten Poppunksound entfernt, also quasi total "verroht", pfui. Peter spielt derzeit außerdem noch bei THE AFFECTED.)

Wenn diese beiden Bands auch exakt dasselbe musikalische Feld beackern und das auch - mit den erwähnten graduellen Unterschieden - gleich prima machen, so muß ich zum Schluß jetzt aber doch mit einem Vorurteil abrechnen, auf das ich irreführender Weise (ich hab‘s aber extra in Anführungszeichen gesetzt!) auch im Titel dieses Artikels angesprochen habe. Es kann, und ich möchte das hier nun einmal - auch im Interesse des Emslandes selbst! - unmißverständlich klarstellen, von einem „Emsland Hype“ keine Rede sein. Die FREEBEES zum Beispiel kommen gar nicht aus dem Emsland, sondern - nagelt mich da jetzt bitte nicht fest - irgendwo aus dem Münsterland oder dem Teutoburger Wald oder weiß der Geier woher.

Für uns Metropolenbewohner mag da freilich kein Unterschied erkennbar zu sein - die ländliche Umgebung der Städte stellt sich uns doch meist trügerisch homogen dar -, aber es gibt nun mal Grenzen, und was kein Emsland ist, muß auch kein Emsland bleiben (oder so, ihr wißt schon was ich meine). Die BACKWOOD CREATURES sind demnach also die einzigen Emsländer in diesem Artikel, aber das ist wohl auch piep-egal, denn wichtig ist, was aus den Boxen rauskommt, wie weiland schon irgendjemand mal gesagt. In diesem Sinne: Gehaben Sie sich wohl.

Text von Stefan Moutty erschienen im Ox Fanzine / Ausgabe #33 (IV 1998). Emsländer wie auch Ibbenbürener schlagen noch heute die Hände über dem Kopf zusammen, wie man da geografisch in einen Topf geworfen wurde! Aber ich glaube für Ruhrpottbewohner liegt der Nordseestrand auch 500 Meter hinter dem Schüttorfer Kreuz. Wie auch immer, die Auswirkungen sind bekannt: Noch heute findet man desöfteren mal seinen Vorgarten verwüstet vor, wenn mal wieder ein MTV- oder VIVA-Kamerateam eine der unzähligen hippen Meppener Bands bei nächtlichen Eskapaden begleitet hat... Ein Erdbeben mit dem Epizentrum Emsland erschütterte die weltweite Musikszene!

Na ja, eher nicht... Aber eine gute Zeit war es damals trotzdem! Das angesprochene Konzert der BACKWOOD CREATURES mit den JET BUMPERS in Lingen fand im Dezember 1997 statt und gehört noch heute zu meinen Top10-Konzerten aller Zeiten! Inklusive allem jugendlichen Wahn der damals so dazugehörte: Alkoholeskapaden, Beinahe-Totalschaden der Sehhilfe beim Dorfpogo, Leute die danach monatelang nicht mehr mit einem geredet haben... Irgendwann werde ich hier noch mal einen Konzertbericht verfassen...

Die JET BUMPERS waren damals jedenfalls ungemein populär, da die überall und in jedem Kellerloch spielten und eine unglaublich gute Liveband waren. Ich erinnere mich wie ich mit BACKWOOD CREATURES Gitarrist Nilz in deren Wohnung im Herrenmühlenweg in der Küche saß und der tierisch nervös war, weil die gerade die Zusage für den Supportslot zugesagt bekommen hatten und jetzt das erste Mal mit einer „großen“ Band spielen konnten… Die „große“ Band entpuppte sich dann als obersympathisch, Frontmann Jenz Bumper war nach zwei Songs der BACKWOOD CREATURES zu 100% Fan und 2 Wochen später traten die Meppener dann in Solingen auf und versetzten den Rest der bundesdeutschen Punkrockszene in Verzückung. Aber davon bald mehr in diesem Theater, und zusätzlich auch den "Emsland Hype" Teil 2 und 3...

Freitag, 20. Januar 2012

Konzerte: Bandcontest | 04.02.2012 | JuZ J@m-Center, Meppen

So, mal eine aktuelle Konzertankündigung:

Für das Meppener Abifestival "Rock unter Linden" findet vorab ein Bandcontest statt. Am 04.02.2012 spielen folgende Combos auf dem Band-Contest in Meppen um einen Platz auf dem Festival:

  • Out Of Practise
  • Fifty 4 Planets
  • Fools From Stack
  • Distance Remains
  • Razz

Eintritt schlappe 3,. Euro, Einlass ab 20 Uhr. Da das JuZ klein und gemütlich ist könnte es eng werden, also am besten früh erscheinen!

Hier geht's zum Facebook-Event: https://www.facebook.com/events/170547513047429/
Hier geht's zur "Rock unter Linden" Homepage: www.rock-unter-linden.de


Donnerstag, 19. Januar 2012

Kleinstadttypen: Der Archiv-Nerd, oder: "Ich hab die längste..."

Nach wie vor wälze ich die Archive und wenn man so das ganze alte Material durchsieht kommt man natürlich auf Ideen. Schon als ich die "FAQ-Seite" und den "Meppener Mikrokosmos" für diesen Blog geschrieben hab, ging mir durch den Kopf, was es hier in der emsländischen Provinz doch für komische Typen gibt... "Kleinstadttypen" sozusagen. In allen Farben und Formen.

Ich meine jetzt nicht die Gestalten die man bei KLJB-Zeltfeten, Schützenfesten oder beim SV Meppen trifft, sondern ganz speziell die Mitglieder der ... ja, wie soll man's nennen ... "alternativen Musiksubkultur"! Man könnte Bücher damit füllen und zumindest auf dem Blog hier werde ich jetzt mal nach und nach immer mal wieder ein paar Zeilen zu den hier vorhandenen "Kleinstadttypen" schreiben...

Aber wo anfangen? Als ich also so mit Archivforsterei anfing wurde mir schnell klar: "Guck mal in den Spiegel!" Ich bin nämlich selbst so ein ultra-pingeliger Archiv- bzw. Listen-Nerd! Ganz schlimm!!! Ich notier mir jeden Scheiß der mit Musik zu tun hat! Na ja, andererseits schreib ich auch in Fanzines über Musik, also erkenne ich da auch einen gewissen Sinn dahinter, aber ein mittelschwerer Tick ist das doch irgendwie... Wer weiß, vielleicht hatte ich ja auch schon immer unterbewusst im Urin, dass ich mir das alles mal von der Seele schreiben muss?!?

Von Bands kann man das ja erwarten, so Sachen wie eine Auftrittsliste oder Diskografien. Na ja, ich spiele aber in keiner Band ... eine "Auftrittsliste" hab ich aber trotzdem. Und zwar von Auftritten/Konzerten die ich besucht hab. Und die hab ich letztens durchgeguckt und ausgesiebt...

Ich kann euch sagen ... die Verzweiflung stand mir ins Gesicht geschrieben als ich fertig war! Das Ganze ist nämlich eine Excel-Liste (erhöht den Nerd-Faktor glaub ich noch) von nicht unerheblicher Länge, mit Konzerten seit Mitte der 1990er bis heute. ALLES ist da nicht drin, aber die Liste ist doch schon mehr oder weniger komplett. Ich bin stolz auf mich! "Da ziehst du dir jetzt mal nur raus, was so in Meppen und Umgebung abgegangen ist und dazu noch die Konzerte von Meppener Bands mit denen du irgendwie auswärts unterwegs warst. Sooooo viel kann das ja nicht sein..." Sagte ich mir so...

Meine Fresse, weit gefehlt!!! Das waren immer noch 224 Konzerte!!!! Deswegen das "Ich hab die längste..." im Titel dieses Beitrags... Ich glaub ich hab wirklich die längste! DIE LÄNGSTE KONZERT-NERD-LISTE IN MEPPEN!!!! Wer anderer Meinung ist und das auch belegen kann kontaktiere mich bitte umgehend.

DIE Liste!!! 224 Konzerte in Meppen und Umgebung, bzw. mit Meppener Beteiligung... Wer hat nen längeren? Äh, will sagen: Wer hat ne längere Liste? Ich versprech das alles abzuarbeiten mit Konzertberichten, hoch und heilig, haha... ;)
Was mir beim groben Überfliegen der Liste so aufgefallen ist: Ab ca. 1998 gab es mit den BACKWOOD CREATURES, FAVORATS und BATTLEDYKES Bands, mit denen ich auch viel auswärts unterwegs war. Als Anhang selbstverständlich, versteckt im Gitarrenkoffer... Mit der Zeit wurde das dann immer weniger, da sich die alten Bands auflösten bzw. die Bandmitglieder wegzogen. Es kam aber irgendwie überhaupt kein Nachwuchs nach, der auch irgendwie mal aus Meppen rauskam. So seit 2005? Nix! Das ist zumindest mein Empfinden, man möge mich korrigieren wenn ich falsch liege... Traurig irgendwie, wir brauchen mehr "Today your love, tomorrow the world" Attitüde in Meppen!!!

Gelöst hab ich das fehlende "an-Bands-dranhängen" zwischendurch, indem ich natürlich nicht nur in Meppen und anderswo häufig als "Nicht-Bandanhang" auf Konzerten war, sondern auch selbst in Meppen Gigs (wie es so schön neudeutsch heißt) veranstaltet habe. Zunächst mit der legendären Konzertgruppe "mycourts", danach auf eigene Faust. Und irgendwie gibt es zu den meisten Konzerten auch noch niedergeschriebene Stories und auch oft Fotos. Und die werden hier in den nächsten Wochen und Monaten online gehen, sind ja nur 224 Stück, haha ... oh man ... ;)

Ich möchte natürlich nicht verschweigen, dass ich selbstverständlich auch eine Nerd-Archivliste zu meiner Plattensammlung hab. Aber speziell in dem Bereich hab ich schon Leute getroffen die um ein VIELFACHES schlimmer sind als ich, mit ihrer "Buchführung"!!!! Trotzdem freue ich mich immer andere Idioten kennenzulernen, die irgendwie gleich ticken. Minus-Rockcity Stammtisch in Meppen? Wer weiß, vielleicht bald... :)

Donnerstag, 12. Januar 2012

Bands: Backwood Creatures - Interview von 1999 (Furious Clarity Fanzine)

Liebe Freunde, es geht Schlag auf Schlag! Nachdem Christoph Parkinson mir schon den unglaublichen Konzertbericht vom SHOCKING FREAKS Auftritt im Rockpalast 1997 zugespielt hat, fand sich noch eine Perle in seinem Fundus. Ein Interview mit den Meppener BACKWOOD CREATURES im „Furious Clarity“ Fanzine, aus dem Jahr 1999! Das Ganze gebe ich hier mal komplett mit nicht korrigierten Rechtschreibfehlern wieder (also kommt mir nicht mit irgendwelchen seit/seid Kommentaren oder solchem Mumpitz), allerdings werde ich mir mal die Freiheit rausnehmen einige Absätze mit schlauen Kommentaren zu versehen. Hut ab noch mal vor Christoph Parkinson! Wenn der mal wieder bei seinen Verwandten in Meppen zu Besuch ist, werden wir wahrscheinlich einen SHOCKING FREAKS Reunion-Auftritt organisieren und die Stadt dem Erdboden gleichmachen!!! Vorher gibt’s hier die BACKWOOD CREATURES anno ’99 – viel Spaß mit Nilz Nonchalant, Tommy Toilet, Heini Heartbreaker, Leif Let’s-Go und Tough Timo (die haben sich damals wirklich so genannt):

***
Backwood Creatures 1999: Leif Let's Go, Nilz Nonchalant, Tough Timo, Tommy Toilet, Heini Heartbreaker (v.l.n.r.)
THE BACKWOOD CREATURES
FC-Zine Nummer 4 (Anfang 1999)

Die 5 Sunshine Boys kommen aus dem tiefsten Emsland, sie sind dazu berufen die ganze Welt mit sandigem, heißen Sunglasses Punk Rock zum Rockaway Beach zu verwandeln. Mit ihren bisherigen zwei grandiosen Singles und den mitreißenden Liveshows sind sie einfach nicht mehr aufzuhalten. Ha, Ihr fiesen Griesgrame der dunklen Winternachmittage habt verloren, der Sommer wird niemals winden und THE BACKWOOD CREATURES will kick your ass, too! Gründe genug um Nilz, den Surfgitarristen, ein paar wasserblaue Fragen zu stellen. Let’s rock!

FC: Wie und wann seit Ihr eigentlich in Meppen (!) auf Punkrock gestoßen? Etwa auf einem Fußballspiel oder beim Skaten? Und was bedeutet Skaten und deren Szene heute für Euch?

Nilz: Hey, zum Anfang mal nicht die Standartfragen, sondern knallharter Enthüllungsjournalismus!? Okay, kein Problem! Also das war bei uns recht verschieden. Leif, Tommy und ich sind schon so mit 15/16 durch Kumpels und so auf Punk Rock gestoßen. Wir haben auch so alles von Hardcore bis Skatepunk gehört, bis wir doch eher bei straightem Punk Rock gelandet sind. Heiner hat glaub ich erst durch die Band so richtig Punk Rock kennengelernt, war aber wohl schon immer versessen auf den guten, alten Rock’n’Roll. Naja, und Timo, der hat eigentlich schon durch die Muttermilch seine Punk-Roots vererbt bekommen. Er ist auch der einzige, der teilweise durch Skaten zum Punk Rock kam. Ansonsten kommt es einem Wunder gleich, daß wir in Meppen doch noch die Kurve gekriegt haben und nicht zu Wolle Petry im SV Meppen-Vereinsheim den Zweitligaabstieg mit Berentzen-Korn zu verdrängen versuchen (obwohl nix gegen Wolle!). Mit der Skaterszene haben wir eigentlich nie groß Kontakt gehabt; es gibt im Emsland einfach zu wenig Beton zum Skaten...

[Anmerkung Minus-Rockcity: „Skatelegende“ Timo O., da war er wirklich bekannt für! War auch bei mir in der Parallelklasse und lief schon mit 10 Jahren mit langen Haaren rum. Es sollte allerdings nicht verschwiegen werden, dass ich ihm ca. in der 8. Klasse noch die „Beneath The Remains“ von SEPULTURA aufnehmen musste: Thrash Metal, nix Punkrock… Auch andere aus der Band hatten mehrere Jahrgänge „Rock Hard“ im Keller, wollten da später aber nicht mehr drüber reden…]

FC: Wer oder was war der Auslöser für die Gründung der BACKWOODS?

Nilz: Irgendwie war uns so langweilig, daß wir dachten, es wäre ‘ne gute Sache so die Zeit totzuschlagen. Mitausschlaggebend waren natürlich auch die angenehmen Nebeneffekte, wie mächtig Eindruck bei den Mädels zu machen, Bier + Essen for free zu bekommen und sich im Allgemeinen bei allen Leuten wichtig tun zu können. Eigentlich war es aber auch einfach der Grund, die Musik, die wir alle lieben, selber zu machen.

FC: Nach all den Jahren habt Ihr es ja endlich geschafft eine Single (das Interview stammt noch aus der Zeit, als gerade die erste 7“ herauskam) zu veröffentlichen, Die Idee sollt Ihr angeblich schon lange vorher gehabt haben, wieso gab es da anfangs Probleme mit der Umsetzung? Hatte es vielleicht auch mit mehreren Versprechungen eines gewissen SURFIN‘ BIRD „Labels“ zu tun gehabt? Und wie seit Ihr gerade auf WILD WEEKEND gestoßen?
 
Nilz: Ja, ja. Nach all den Jahren hat’s endlich geklappt. Der Hauptgrund ist eigentlich gewesen, daß wir alle fünf quite lazy Fucks sind und sich so irgendwie immer alles herauszögert. Vom SURFIN‘ BIRD hatten wir eigentlich nie feste Versprechungen, daher „not guilty“! Mit WILD WEEKEND lief das eigentlich so, daß der Holger uns live in Münster gesehen hat und uns für gut befand. Durch ein paar unterstützende Worte der NIMRODS – die als Labelzugpferd natürlich eine gewichtige Stimme im WILD WEEKEND-Imperium besitzen – und nach einigen anderen Kungeleien, gab es für Holger eigentlich keine andere Wahl mehr, als uns „unter Vertrag zu nehmen“.

[Anmerkung Minus-Rockcity: Surfin‘ Bird Records war eine Art Fake-Recordlabel aus Osnabrück/Westerkappeln und entsprang dem Umfeld der SENTIMENTS und dem „Toastbrot Fanzine“. Die glänzten immer mal gerne mit großspurigen Release-Ankündigungen und Anzeigen in ihrem eigenen Fanzine, aus denen dann nie was wurde. Nette Jungs, die aber in der Beziehung kaum was auf die Reihe bekamen, keine Ahnung ob dort überhaupt jemals Tonträger rauskamen, abgesehen von Demotapes. Ich warte z. B. heute noch auf die 7inch der EAGLEBAUERS aus Solingen! Wild Weekend Records war wiederum ein cooles Label aus Münster, das ein paar sehr gute Veröffentlichungen rausbrachte, alle selbstverständlich auf Vinyl. Das spielte sich aber auf relativ kleiner Ebene ab, nur für den Fall, dass jemand die Ironie hinter Worten wie „Labelzugpferd“ und „Label-Imperium“ etc. nicht verstehen sollte. Mit den angesprochenen „Kungeleien“ ist womöglich gemeint, dass Labelboss Holger damals Kerki von den BATTLEDYKES als vorübergehende Lebensabschnittsgefährtin zugekungelt wurde, aber das ist auch nur so eine unbewiesene Theorie von mir, hehe… Holger war/ist übrigens ein super Typ! Er hat das Label zwar nachher nicht mehr weitergeführt, aber noch in diversen coolen Münsteraner Bands gespielt, z. B. den SHAKEDOWNS und HIDDEN CHARMS. Oh Gott, die Anmerkung ist schon länger als die Antwort von Nilz, shame on me…]

FC: Und wie waren die bisherigen Reaktionen auf die 7“ und wie geht Ihr damit um (Rockstarallüren oder so, haha)?

Nilz: Die 7“ läuft eigentlich sehr gut und bekommt ziemlich positive Besprechungen. Also wir sind damit mehr als zufrieden, wie es läuft. Trotz der Tatsache, daß wir in aller Munde sind, bleiben wir aber immer die netten Junx von nebenan, die mit beiden Beinen fest auf der Erde stehen. Wir haben halt schon immer unsere Scheiße mit französischem Champus das Klo runtergespült, Bier aus goldenen Wasserhähnen gesoffen und wilde Exzesse mit Supermodels und abgehalfterten Rockgrößen gefeiert. Und im Allgemeinen verlieren wir in regelmäßigen Schüben den Bezug zur Realität, but who cares?!

[Anmerkung Minus-Rockcity: Hört sich vielleicht blöd an, aber ich glaub im mp3-Zeitalter muss man für alle nach 1990 geborenen anmerken – 7“ steht für 7 Inch, was dem Durchmesser einer Vinylsingle entspricht. Eine LP hat 12 Inch Durchmesser und es gibt auch noch 10 Inches, die tauchen hier gleich auch noch im Text auf. Ansonsten stimmt da oben natürlich alles über die BWC: arrogante Kleinstadtrockstars! ;)]


Backwood Creatures 1999: Checkerbild mit Karre aus der Fotosession zur ersten Single der Band. Shooting war vermutlich am Meppener Baggersee, Fotos hat damals Dixe gemacht, soweit ich mich erinnere, man munkelt er machte später steile Karriere als UPS-Fahrer... Das Automobil gehörte selbstverständlich keinem der Bandmitglieder, sondern war zum Angeben mit auf dem Bild. Merke: Dicke Amikarre wertet Bilder von rock'n'roll-beeinflussten Punkrockbands ungemein auf!

FC: Wie kommen Eure Shows außerhalb von Niedersachsen beim Publikum an? Plant Ihr schon eine (kleine?) BACKWOOD CREATURES- oder andere Tour?

Nilz: Man mag es kaum glauben, aber auch außerhalb von Rockin‘ Niedersaxen ist die Resonanz meist gut. Aber wie das so ist, mal hast du ‘nen guten Tag und dann wieder ‘nen schlechten und so ist das denk ich auch beim Publikum. Mit ‘ner Tour sieht’s im Moment nicht so gut aus. Wir wollen zwar immer noch gerne mit den REEKYS auf Tour gehen, aber irgendwie kriegen wir keinen Termin auf die Reihe. Ich fänd’s auch gut, wenn wir irgendeine Support-Tour für ‘ne deutsche oder ausländische Band machen würden. Also, wer sich berufen fühlt uns on the road zu schicken: We are ready to rock each and every town!

[Anmerkung Minus-Rockcity: Die REEKYS waren ein ziemlich steiles Trio aus München, die eine Zeit lang als die deutschen RAMONES oder RIVERDALES galten. Großartige Jungs, die sich aber irgendwann zerstritten haben. Chris Reeky ist heute noch immer wieder mit diversen Bands im Süden Deutschlands unterwegs, z. B. MONDO RAY…]

FC: Apropos touren: Wie verlief eigentlich die Tour mit den QUEERS? In Köln habt Ihr die Jungs ja um Längen an Show und Power geschlagen, wie sah es denn in anderen Städten aus?

Nilz: Wo hast Du denn dieses geile Gerücht her? Die „Tour“ mit den QUEERS dauerte ganze zwei Tage. Demzufolge hast Du also 50% der „Tour“ miterlebt. An dem Abend vor Köln haben wir in Solingen (Kotten) gespielt. Das war natürlich noch ein wenig genialer als in Köln, weil uns dort mehr Leute kennen und die Stimmung eh grandios war. Ich für meinen Teil fand die QUEERS ja sehr cool. Ich hab mir an beiden Tagen den Arsch weggewackelt. Joe Queer ist übrigens ‘n ziemlich netter Mensch, allerdings merkt man ihm schon an, daß die ganzen Punk Rock Jahre doch an einem nagen. In Köln hatten wir aber noch den Spaß mit „seinen Junx“ zu trinken, nach-dem Joe sein „Ja und Amen“ dazu gegeben hatte.

[Anmerkung Minus-Rockcity: Ich war selber leider nicht bei den Shows, aber die QUEERS waren und sind DIE Poppunkband, kurz nach den RAMONES, dicht gefolgt von SCREECHING WEASEL! Und zumindest damals auch Hauptvorbild für die BACKWOOD CREATURES. Wenn ich mich richtig erinnere haben die Jungs sich damals fast in die Hose gemacht, als die mit denen spielen durften. Joe Queer ist eigentlich das einzig konstante Mitglied bei den QUEERS, der tourt heute noch mit immer wechselnden Backingbands durch die Lande und hat alle Ups and Downs des Business erlebt und ist trotzdem dabeigeblieben. Hintergrund zum „Ja und Amen“ beim Saufen mit „seinen Junx“: Joe Queer ist Chef im Ring und trockener Alki, also solltet ihr QUEERS-Songtitel wie „I Only Drink Bud“ nicht unbedingt für bare Münze nehmen.]

FC: Du wohnst mittlerweile in Köln und die anderen in Meppen, wie schafft Ihr es eigentlich bei den Proben alle fünf CREATURES unter einen Hut zu kriegen?
 
Nilz: Zweimal im Monat fahr ich mindestens nach Meppen und probe mit den anderen Jungs. Ansonsten machen wir das über eine computerunterstützte Telefonkonferenzschaltung, wir sind schließlich in den Neunzigern. Man nennt uns nicht umsonst die Hi-Tech-Rocker aus Norddeutschland.

FC: Euer Bandname wird von Tag zu Tag bekannter. Stimmt es, daß Jenz Bumper Euch „entdeckt“ und Euch sogar auf dem unaufhaltsamen Weg an die Spitze des deutschen Punk Rocks (mehr oder weniger) ein bißchen unterstützt hat?

Nilz: Um mal mit der Wahrheit rauszurücken: Im Grunde sind die BACKWOOD CREATURES ein gut konzipiertes Bandkonzept, das von Jenz Bumper über Jahre entwickelt wurde. Alles ist genauestens geplant und hinter der Band steht ein riesiger Businessapparat, der das Produkt BACKWOOD CREATURES gezielt vermarktet... Aber es stimmt schon, der Jenz hat uns tatsächlich oft geholfen; vor allem bei Shows. Er mag uns halt und wir mögen die BUMPERS (R.I.P.). Aber auch die SENTIMENTS, NIMRODS und CELLOPHANE SUCKERS haben uns mal hier & da unter die Arme gegriffen und sich dann über ekeligen, 3 Wochen alten Achselschweiß beschwert (tja, selber schuld!).

[Anmerkung Minus-Rockcity: Jenz Bumper war Frontmann der JET BUMPERS aus Solingen. Die kannte damals fast jeder der sich irgendwie für Punkrock interessierte, weil die wirklich in jedem Winkel und jedem Kellerloch der Republik gespielt haben und auch eine unglaublich gute Liveband waren. Nachdem die BACKWOOD CREATURES im Dezember 1997 für die JET BUMPERS ein Konzert im JZ „Alter Schlachthof“ Lingen eröffnet hatten, war Jenz vom Fleck weg Fan und hat die BACKWOOD CREATURES direkt 1-2 Wochen später zu einem großen Bandfestival in Solingen eingeladen, wo der Rest der deutschen Punkrockszene sich ein Stelldichein gab. Die BACKWOOD CREATURES hinterließen auch da bei jedermann einen guten Eindruck, und ab da ging es dann richtig los…]

FC: Als ich Euch in Meppen das erste Mal live gesehen habe, war ich doch sehr über Eure relativ große Punkrock Szene überrascht. Hatte das vielleicht sogar etwas mit dem allerersten BACKWOOD CREATURES-Konzert zu tun, das so viele Girls & Boys beeinflußt bzw. zum Punk Rock gebracht hat - oder wie kann ich mir das erklären?

Nilz: Keine Ahnung ob wir da unbedingt dran schuld sind. Auf jeden Fall hat sich das so über die Zeit entwickelt. Ich würd’s auch keine Szene nennen, eher ‘ne Party-Crew. Wenn mal irgendwo ‘ne Party ist oder ‘n Konzert, kommen halt alle die sich so kennen, egal ob Punk Rock oder irgendwat anderes. Soviel geht eben nicht ab im Emsland, so daß dann alle zusammenkommen und ‘ne gute, wilde Zeit zusammen haben. Es ist aber vielleicht doch so, daß wir ein paar Leute animiert haben, selber was zu starten. Da wären zum Beispiel die FAVORATS, die großartigen Surf-Pop Punk spielen; die BATTLEDYKES, eine Girl-Group die in die DONNAS-Ecke geht (sehr sexy) und noch so ‘n paar kleinere Combos, die vielleicht auch noch was reißen werden.

[Anmerkung Minus-Rockcity: Relativ große Punkrock Szene?!? Das hab ich zwar etwas anderes in Erinnerung, aber generell war es schon so, dass irgendwie mehr los war als heute. Während z. B. der Rockpalast heute nur noch spät nachts nach dem Vorglühen die Anlaufstelle zum finalen Abschuss ist, war damals schon zu früheren Uhrzeiten mehr los. Die Leute waren auch weitaus hungriger auf Livemusik. Während man heute via Web2.0/Facebook mit Konzert- und Partyangeboten erschlagen wird, bekam man damals 1-2 Wochen vorher einen Konzertflyer in die Hand gedrückt und ging dann auch hin und hatte Bock drauf. Gute alte Zeiten! Die FAVORATS und BATTLEDYKES waren tatsächlich auch beide super und auch mit denen werde ich den Blog hier in Bälde zumüllen…]

FC: Kannst Du Dich eigentlich noch an das Konzert mit der legendären Koblenzer Punk Rock Legende (SHOCKING FREAKS) im Meppener Rockpalast erinnern? Was waren eigentlich Eure ersten Eindrücke, nachdem die FREAKS ohne Soundcheck die Bühne betreten hatten und bereits nach 5 Minuten schon wieder von ihr verschwunden waren? Hat dieser Auftritt Euer Bild in irgendeiner weise über Rheinländischen Punk Rock geprägt oder Euch zumindest für eine kurze Weile schockiert bzw. zum Grübeln gebracht? Denn als Ihr ja mit denen (& SEASICK PIRATES) in Koblenz spielen solltet, habt Ihr ja das Konzert kurz vorher mit einer realistisch (?) wirkenden Lüge abgesagt. Wieso eigentlich – lag es nur an deren Auftritt/Verhalten in Meppen?

Nilz: Oh, oh! Also von dem 5-minütigen Auftritt der SF’s hab ich eigentlich gar nix mitbekommen. Allerdings fuhr mich der Besitzer von dem Laden an der Theke an und meinte ich soll „diese Idioten“ (Zitat) sofort von der Bühne holen, weil ich die angeblich auch angeschleppt hätte. Das witzige daran ist, daß er die SHOCKING FREAKS selber gebucht, das aber wohl vergessen hatte. Ich muß aber sagen, daß mir ‘n paar von denen dann doch ‘n bißchen zu nervig (bzw. volltrunken) waren und dann schleppen die auch noch den Münsterer Talk Show-Punk an, was Tommy ganz schön genervt hat. Naja, was Rheinländer angeht: Die sind eh krank, aber auch nicht schlimmer als die Emsländer. Und das mit dem Koblenzgig... Okay, Du hast uns erwischt, aber frag mich nicht warum wir nicht spielen wollten, z. T. vielleicht aus Furcht vor einer Horde wilder Deutschpunx, die uns bespucken und mit Füßen treten, aber irgendwat war da noch... anyway, who cares!

[Anmerkung Minus-Rockcity: Den passenden Bericht zu dem erwähnten Konzert gibt es HIER. Ich stell mir gerade vor wie George hinter der Theke ausrastet, herrlich! :) Mit dem „Münsterer Talk Show-Punk“ ist natürlich ein ganz spezieller Münsteraner gemeint, dazu konnte Parki mir noch die passende Geschichte liefern, knallharte Recherche: „ Der Herr heißt (bzw. hieß, der ist sicherlich bereits tot) ‚Ernie‘ und war mit seinem Kumpel Leiche (der definitiv inzwischen tot ist) Mitte der 90er Jahre in der Bärbel Schäfer-Folge ‚Ich bin für euch der letzte Dreck‘ eingeladen. Und diesen Ernie haben wir damals aufgrund der Bärbel-Schäfer-Talkshow in Münster in der Einkaufsstraße gesucht, gefunden und mit seinem Kumpel nach Meppen genommen! Die beiden Straßenpunks waren unglaublich, haben nur Sprüche gekloppt und waren sehr witzig. Leider auch sehr heroinabhängig... Und eigentlich haben die auch ziemlich genervt, haha.“ Ergänzend zu Parkinsons Erinnerungen kann ich noch sagen, dass ich später mal ein paar Jahre in Münster gewohnt hab und besagter Ernie mal bei uns angerufen hat und einziehen wollte. Jedenfalls meine ich das aus seinem Gelalle herausgehört zu haben, denn das Gespräch wurde anscheinend aus einer Telefonzelle am Bremer Platz hinter dem Münsteraner Hauptbahnhof geführt. Aus dem Hintergrund hörte man ständig undefinierbares Geschrei nach Bier von Ernies Bahnhofskumpels. Vielleicht hätten wir doch nichts von „Punkrock-WG“ in unsere Anzeige schreiben sollen, haha…]

FC: Sagt Ihr denn des öfteren Konzerte aus dem Grund ab, daß Euch die anderen Bands nicht zusagen oder war das nur eine Ausnahme?

Nilz: Eigentlich haben wir das noch nie so gemacht. Außer wenn du halt vorher schon weißt, daß da nur Leute sind, die nicht auf unsere Musik stehen: Also auf den Chaostagen oder ‘nem Treffen der veganen SxEx Hardcore Elite würden wir wohl nicht spielen. Aber wir haben auch schon auf Abifeten, Benefizkonzerten, Rosenmontagsparties, etc. mit Grunge-, Hardrock- und Top 40 Bands gespielt.

[Anmerkung Minus-Rockcity: Da der Meppener ja allgemein nicht so mit jugendlicher Subkultur vertraut ist: SxEx hat nichts mit Sex zu tun, sondern bedeutet „Straight Edge“. Gibt’s im Emsland nicht, weil man als „Straight Edger“ u. a. keinen Alkohol trinkt und kein Fleisch ist, was ja beides im EL zu den Grundnahrungsmitteln zählt. Den Rest könnt ihr euch selber ergooglen! Das mit den Rosenmontagsparties stimmt übrigens! Ich weiß nicht wie es heute ist, aber damals wurden die von den Meppener Abijahrgängen organisiert und fanden im Saal Kamp statt. Der Saal war jedesmal proppenvoll und fester Bestandteil waren auch mehrere Livebands. Die BACKWOOD CREATURES sind hier einige Jahre hintereinander aufgetreten. Wie man hier im Interview ja schon lesen kann ist der gute Nilz nicht auf den Mund gefallen, daher hat er bei so einem Rosenmontagskonzert mal die headlinende Top 40 Band auf der Bühne durch Ansagen durchs Mikro bis aufs Blut provoziert, weil die sich im Backstageraum wohl etwas rockstarmäßig aufgeführt hatte. Körperliche Züchtigung wurde während des BWC-Auftritts bereits vom Bühnenrand angedroht, konnte aber irgendwie noch verhindert werden. Man, was waren wir jeck damals…]

FC: Nun zu Eurem Bandnamen: Wie ist er eigentlich entstanden und hatten die BACKSTREET BOYS wirklich Mitverschulden dran?

Nilz: Ich würde sagen, die BSB’s sind sowieso eine der Haupteinflüsse und bestimmt auch so etwas wie Idole. Man betrachte nur die Parallelen: Auch wir sind 5 gutaussehende junge Burschen, denen die Teenies nur so zu Füßen liegen, auch wir legen viel Wert auf Melodien und mehrstimmigen Gesang und auch wir singen dauernd übers Ficken, äh, Biertrinken, oder so?! Da bot sich der Name halt so an, weil wir ja nun mal vom Lande kommen und zum Hinterwäldler-Dasein stehen.

[Anmerkung Minus-Rockcity: Mir hat Nilz mal relativ ernsthaft offenbart, dass die im Proberaum tatsächlich so eine Art „Choreographie“ zum Posen durchgespielt haben. Das Posen hatten sie dann aber auch drauf, da gibt’s kein Vertun! Mit dem Stehen zum Hinterwäldler-Dasein war das nach dem späteren Umzug aller Bandmitglieder in eine Großstadt am Rhein aber so eine Sache, da hieß es dann nur noch: „Hallo, wir sind die BACKWOOD CREATURES aus Köln…“]

Backwood Creaturs 1999: Im Hinterhof eines Abbruchhauses in der Clemensstraße, das heutzutage zur gepflegten Stadtvilla erblüht ist. Beachten: Heiner hat noch ganz viele Haare! ;)

FC: Wann kann man Euch das erste mal mit den NIMRODS & REEKYS in VIVA’s WahWah zu sehen bekommen?

Nilz: Das mit WahWah wollten wir eigentlich überspringen und gleich ein BRAVO-Special mit den REEKYS zusammen machen. Dann noch Auftritte bei Harald Schmidt, Alfredissimo, Wetten Dass...!?, eine Homestory aus meiner Wohnung und danach haben wir dann unsere eigene TV-Show mit dem Namen „Popp ‘til you drop“.

[Anmerkung Minus-Rockcity: Ja, „WahWah“, wer kennt es noch?!? Hintergrund der Frage ist wahrscheinlich eine kurz vorher einmalig gelaufene WahWah-Sendung namens „A Night At The Races“, die von Jenz Bumper moderiert wurde. Da gab’s alle steilen Bands der damaligen Punkrockszene zu sehen, z. B. die CELLOPHANE SUCKERS. Und ich erinnere mich auch daran, dass Wild Weekend Plattenboss Holger dort total betrunken interviewt wurde. Ein Fest! Die Sendung suche ich auch immer noch auf Video oder DVD, also wer was hat: Melden!!! Die BACKWOOD CREATURES sollten später lustigerweise tatsächlich noch im Fernsehen zu sehen sein, und zwar bei Stefan Raabs „TV Total“. Die Sache war aber eher zwiespältig und ich denke das Ganze werde ich später noch mal hier im Blog beleuchten…]

FC: Verbindet Ihr Politik und Musik nie miteinander, soll Eure Musik nur für gute Partys stehen oder habt Ihr auch Songs die vom Textlichen über Girls, Rock’n’Roll und den RAMONES hinausgehen?

Nilz: Ich denke, daß es für uns vordergründig mehr um Spaß und Party geht. Politik gehört für mich nicht in unsere Musik. Man könnte sagen, daß es mehr darum geht, ein korrekter Mensch zu sein (korrekt nicht im Sinne von PC!). Für mich ist Rock’n’Roll schon ‘ne Art Lebensgefühl, was irgendwie wichtiger ist, als Politik. Auf jeden Fall will ich nix vorpredigen oder stundenlange Diskussionen über Politik führen, um nachher eh wieder ratlos dazustehen. Wir hatten uns ja in unserer Frühphase eingehend mit der Unterdrückung der nordfinnischen Wildgaus im südostasiatischen Raum auseinandergesetzt, aber dat hat uns in ein so frustrierendes Loch geworfen, daß wir dann doch lieber über Girls, Beer, Rock’n’Roll und even more Girls singen. You know: Bubblegum-Lyrics rule okay!

[Anmerkung Minus-Rockcity: Haha, DIE Frage in Punkrock-Fanzines: Musik und Politik! Man könnte Bücher damit füllen, ich lass es lieber… ;)]

FC: Verratet mir doch mal wer denn Eure Punkrock Queens sind?

Heiner: Emma Peel.
Timo: Mir wurde die Frage neulich schon in ‘nem Interview gestellt, aber dazu schweige ich immer noch.
Nilz: First of all: My girlfriend. Aber auch noch Liz Taylor, Pam Anderson (mit abgesteckten Titten) und das eine Mädel aus dem OFFSPRING Video („Give it to me, Baby...“).

FC: Ich habe letztens mal was von einer REEKYS-Split 10“ läuten hören. Ist da wirklich was Wahres dran?

Nilz: Ja, das mit der Split-10“ wird wohl vorerst nix werden. Eine Zeitlang stand das im Raum, aber erst werden andere Schritte gemacht. Wenn dieses Heft draußen ist, müßte unsere zweite 7“ „I’ve got a Girlfriend now“ draußen sein. Die kommt auf CLASH CITY Rec. aus Berlin raus. Dann wird in den nächsten 3-4 Monaten eine Split-7“ mit den JET BUMPERS erscheinen, wo wir uns gegenseitig covern werden und je einen Song übereinander geschrieben haben. Und im Juli wollen wir die erste LP aufnehmen. Allerdings wissen wir nicht wer die rausbringen will, wir sind also sozusagen auf Labelsuche.

[Anmerkung Minus-Rockcity: Entgegen der allgemeinen Punkrock-Gepflogenheit der inhaltslosen Ankündigungen ist aus fast allen angekündigten Releases tatsächlich was geworden! Die Vinylsingle auf Clash City Records erschien kurze Zeit später und war allein schon ein Hit, weil ich das komplette Cover gestaltet hatte, bäm. Die Splitsingle mit den JET BUMPERS war auch großartig, vor allen Dingen waren die JET BUMPERS dort mit dem Song „(I Wanna Live In) Backwood City“ vertreten, den ich nach wie vor als heißen Kandidaten für die Meppener Nationalhymne im Hinterkopf habe! Die erste LP der BACKWOOD CREATURES hieß dann „Kings Of Beach Boulevard“ und kam beim damals sehr renommierten Label Screaming Apple raus. Ich verliere jetzt mal nicht zu viele Worte zu den einzelnen Platten, denn ich denke, dass ich die hier bald mit den notwendigen 13 Jahren Abstand noch mal besprechen werde, hehe…]

FC: Werke von Eurem Comic-Zeichner (Bernd) sieht man ja immer öfters. Wird er auch wieder für die nächste Veröffentlichung von Euch zeichnen? Und hat er auch schon für andere Bands Singlecovers, etc. gezeichnet?

Nilz: Beim Bernd läuft’s im Moment ganz gut. Er hat das Cover für die zweite 7“ von uns gemacht und wir finden’s mehr als grandios. Vorher hat er auch schon eins für die SUPERFLY TNT-7“ auf WILD WEEKEND gemacht. Wir sind super-froh, daß wir den Bernd kennengelernt haben. Und ich denke, er wird noch einiges für uns machen. Allerdings hat er auch immer Interesse an neuen Sachen für Bands, Fanzines und Landfrauenvereine (Tel.: 05931-XXXX).

[Anmerkung Minus-Rockcity: Wichtigster Part des Interviews, denn hier geht es um MICH! Wie ich so höre lief es bei mir damals ganz gut, also muss ich wohl im Geld geschwommen haben, juchu! Und wenn ihr Deppen glaubt, dass ich die Telefonnummer hier stehen lasse habt ihr euch geschnitten. Das war damals nämlich noch die Nummer meiner Eltern und die hat sich natürlich nicht geändert. Wir wollen doch nicht, dass meine Mutti bald permanent von neugierigen Blog-Lesern angebimmelt wird. Die hatte damals schon genug damit zu tun mir verzeckte Punkrocker durchzustellen: „Du, da ist irgendein Vincent aus Koblenz dran“, hieß es eines Tages, der dann auch wirklich wegen dieses Interviews anrief. Resultat war ein Singlecover von mir, für die zweite Single der SUITERS aus Koblenz/Neuwied. Geiles Teil, verkauf ich euch! Landfrauenvereine haben sich leider nie gemeldet…]


Backwood Creatures 1999: "Igor", das Maskottchen was ich damals mal für die Band gemalt hatte. Das Ganze wurde auch mal als Shirt gedruckt. Schöne Sache, aus den Zeiten als noch B-Movies und Cartoons cool waren und nicht seelenlose Photoshop-Montagen und Fat-Girl-Angleshots...
FC: Nenn mir bitte kurz vor Schluß noch (als wirkungsvollen Seitenfüller) Eure(n) Lieblingsfilm(e), -Simpson, -Zines!

Heiner: Star Wars Triologie, Austin Powers (Filme), Mr. Burns (Simpson).
Tommy: Godzilla (Film), Homer (Simpson).
Leif: Star Wars, Cheech & Chong (Filme), Barny (Simpson).
Nilz: Star Wars I-III (Filme), Homer (Simpson).
Timo: Keinen Bock, die alle aufzuschreiben (Filme), Homer – weil, der soviel Ähnlichkeit mit Heiner hat – (Simpson).
Fanzines im Allgemeinen: Useless Earlyripes, Stay Wild, Ox, On the Run, You suck!, Blitz Illu, Praline und natürlich F.C. (Anmerk. von Christoph P.: Das wollte ich hören!).

[Anmerkung Minus-Rockcity: Für Spätgeborene – damals gab es nur die Star Wars Filme aus den Siebzigern, also noch keine 6 Teile. Luke Skywalker und Prinzessin Leia rule okay! Und „Fanzines“ … muss ich da was zu sagen? Oder habt ihr alle schon nen eBook-Reader?]

FC: Was denkst Du über TURBONEGROS Auflösung?

Nilz: Ich hab neulich ‘nen Australier getroffen, der mir erzählte, daß ich einer der glücklichen Menschen sein muß, weil ich die TURBOS zweimal gesehen habe. Er hatte sie natürlich noch nie gesehen, was ihn schwer wurmte. Ihm ging es da so, wie mir es mit den RAMONES geht.

[Anmerkung Minus-Rockcity: Nochmal für Spätgeborene – Bevor TURBONEGRO scheiße waren, waren die mal richtig gut, und dann haben sie sich aufgelöst. 1998 war das und besonders die „Ass Cobra“ ist ein unsterbliches Album. Die „Apocalypse Dudes“ fand ich persönlich schon eher schwach, aber damit fing ja die große Abfeierei an. Alles was nach der Reunion 2002 kam war scheiße! Jedes Kuhdorf hatte eine Turbojugend und jeder lokale Bankkaufmannazubi war Mitglied, es war einfach nur peinlich. Vor 1998 war die Band aber richtig gefährlich, weil keiner wusste wie die eigentlich ticken. Ist das nur Fake? Oder sind das wirklich schwule Nazis? Stecken die sich auf der Bühne wirklich Feuerwerk in den Arsch? Man wusste es nicht, und das Internet als Informationsquelle steckte damals für Otto Normalpunker ja auch noch in den Kinderschuhen. Ich selber hab TRBNGR damals leider nie live gesehen und die RAMONES auch nicht. Letzteres war tatsächlich eine Sache die Nilz ernsthaft wurmte. Lustig, wenn man weiß, dass die mal in Grenznähe in Holland ein Festival gespielt haben und einige Leute aus Twist da mit Fahrrad hingefahren sind. Das wurde mir zumindest vom TWEE-STAR Sänger so überliefert. Aber später ist Dee Dee Ramone ja noch mal solo nach Lingen gekommen, auch so eins dieser legendären Konzerte…]

FC: Das wievielte Interview ist das hier schon für Euch, mir sind – abgesehen von dem hier – nur zwei bekannt?

Nilz: Ich glaube das dritte, oder so. Dat erste für die BILD, das zweite für den Wachturm und das dritte für Dein Enthüllungsmagazin.

[Anmerkung Minus-Rockcity: Ich hab später auch noch mal eins mit der Band fürs Ox Fanzine gemacht, das wird auch irgendwann auf diesem Blog erscheinen.]

FC: Any Schlußworte?

Nilz: If you’re bored and feeling blue, the BACKWOOD CREATURES bring the sun straight to you!

(05/99 Christoph)

Mittwoch, 11. Januar 2012

Bands: Norman Palm! Oder: Wenn Exil-Meppener über die alten Heimat reden...

Tja, wenn Exil-Meppener über die alten Heimat reden... dann wird's mitunter drollig. So auch hier bei Norman Palm, der früher in Meppen bei den TOFUMULAS und LUNAR LANDSCAPE gespielt hat. Mittlerweile ist er solo als Singer/Songwriter unterwegs und soweit ich weiß auch recht erfolgreich. Ob's nun an Norman oder am "ich wäre eigentlich lieber Schrifsteller geworden und würde bedeutungsschwangere Intellektuellenromane schreiben, muss aber jetzt in diesem scheiß Reporterjob arbeiten" Interviewpartner liegt, sei mal dahingestellt, aber die Stilistik des Artikels atmet sehr schön diese klischeehafte Großstadt-vs-Kleinstadt Atmosphäre, in der Kleinstädter gerne mal beleuchtet werden, als wären sie ein bemitleidungswürdiges, eingesperrtes Zootier... (Oh man, jetzt schreib ich auch schon so blümerante Bandwurmsätze...) Wie dem auch sei liebe Meppener: Wenn euch irgendwann mal ein Berliner Bohemien ein Bonbon durch eure imaginären Kleinstadt-Gitterstäbe reichen will - ZERFLEISCHT IHN! ;)

Die Meppen-relevanten Passagen hab ich mal rauskopiert, den kompletten Artikel (von 2008) gibt's ansonsten HIER zu lesen.
[...] Gerade falle ihm wieder ein, sagt Palm, was er beim letzten Besuch in seiner Heimatstadt vergessen habe: den Eltern ihr Talking-Heads-Vinyl zu stehlen. Die Heimatstadt heißt Meppen, hat 35 000 Einwohner und liegt im Emsland. Die Eltern, beide Zahnärzte, sorgten nicht nur für kariesfreie Milchzähne, sondern auch für die ordnungsgemäße musikalische Frühsozialisation des Sohnes: Musikschule, auf langen Überlandfahrten liefen im Autoradio zunächst die Beatles, später auch R. E. M. Statt Bonbons legten sie dem Sohn nahe, könne man ja auch mal eine Nuss knabbern.

Dass Norman Palm ausgerechnet in Meppen aufwuchs, ist das Ergebnis eines Ausschlussverfahrens seiner Eltern. Denn die fragten sich Mitte der siebziger Jahre: Welche westdeutsche Stadt ist am langweiligsten? Wo können wir entspannt leben? Die Palms saßen nach einem missglückten Fluchtversuch aus Ostberlin anderthalb Jahre in Gefängnissen der Staatssicherheit, bevor der Westen sie schließlich freikaufte. Palm sagt, sein Vater habe sich bei ersten Berlin- und Norman-Besuchen lieber im Westteil der Stadt ein Hotelzimmer gesucht.

„Meine Eltern hatten irgendwie recht mit Meppen“, sagt Palm, „es ist wirklich Provinz, mit braunen Sparkassen-Klinkerbauten und einer Kneipe namens ,König City‘, wo nur König Pilsner ausgeschenkt wird.“ Dann springt er auf, schlittert auf seinen Socken über die blank polierten Dielen, holt das Booklet und zeigt die Fotos, die er in Meppen gemacht hat – eine zubetonierte Fußgängerzone mit Springbrunnen, Einfamilienhäuser mit heruntergelassenen Jalousien, der Eingang zum Freibad, das Eiscafé Venezia und die Disko Rock-Palast. Das gelbe Ortseingangsschild hat er verfremdet. „Middletown Blues“ ist dort zu lesen, so heißt ein Song auf der CD.

Bis zum Abitur blieb Norman Palm der Musikschule Meppen treu. Nachdem es mit der klassischen Gitarre und dem Kinder-Cello nicht geklappt hatte, landete er bei einem Lehrer, dessen große Leidenschaft Van-Halen-Riffs waren, und bei einer Band mit dem Namen „Die Tofu-Mullahs“. Doch um bandkompatibel zu sein, musste Norman Palm feststellen, war er doch zu sehr Einzelkind.

Mit dem Apple-Programm „GarageBand“ hat Norman Palm seine ersten Lieder aufgenommen. Den Sound hat er etwas später im Studio zu imitieren versucht. Zuerst Lo-Fi mit wenigen Mitteln, dann Lo-Fi mit anspruchsvollen Mitteln. Die drei Finnen von dem kleinen Friedrichshainer Studio, dessen Räume noch vor kurzem eine Steuerkanzlei beherbergten, haben das gut hinbekommen.

Als Palm zuletzt in Meppen war, besuchte er mit einem Freund den Rock-Palast: „Wir haben Liederraten gespielt, also welches Lied wird das Nächste sein. Zum Beispiel folgt auf Type O Negative nur Korn, das funktioniert immer.“ Warum manche Provinzdiskos ihre Playlist nie ändern, dafür hat Palm keine Erklärung. Aber er kennt die Geschichte des Diskobesitzers: Der Afroamerikaner ha be früher einmal ein folgenschweres Wettrennen um einen Plattenvertrag verloren, ausgerechnet gegen Roberto Blanco. Seitdem sei er dazu verdammt, den Rock-Palast zu führen, erzählt Palm und lacht über diese Legende.

Irgendwie passt die kleine Geschichte um den Wirt vom Meppener Rock-Palast zu Norman Palm: Ihre bittersüße Tragik spiegelt sich in seinen Songs – vor allem in Palms Version von „Boys Don’t Cry“, die geronnene Melancholie ist. Die Deutsche Presse-Agentur titelte sogar: „Norman Palm rührt zu Tränen.“ [...]
*schnief* Darauf also erstmal ein König Pilsener in 'König City'! Und n Korn, denn Korn funktioniert immer! Prost ihr Deppen! ;)

Sonntag, 8. Januar 2012

Konzerte: Rockpalast vs. SHOCKING FREAKS!!!

Der folgende Bericht wurde dankenswerterweise von Christoph "Parki" Parkinson zur Verfügung gestellt und ist im Ox Fanzine Nr. 97 (August/September 2011) als Kolumne erschienen. Da ich selbst auf dem erwähnten Konzert war, hab ich unten noch ein paar Ergänzungen, aus meiner (zugegeben etwas vernebelten) Erinnerung hinzugefügt. Parki ist übrigens noch beim "Furious Clarity" Webzine aktiv.

Vorab möchte ich mich schon mal für die etwas schwache Bebilderung entschuldigen, aber Parki hatte leider auch kein Archivmaterial mehr. Ich hätte jetzt seelenlose Pix aus der Google-Suche einsetzen können, aber ihr glaubt gar nicht auf was für fiese Sachen man stößt wenn man nach „Shocking Freaks“ sucht. Wie dem auch sei, hier kommt Parki's Bericht:

***

Aus dem Rheinland in die Welt: Auf den Bühnen mit THE SHOCKING FREAKS Pt. II

„Du Arschloch, jetzt spiele mal richtig!“, die Stimmung ist angespannt. Sascha schielt mich an und trommelt weiterhin auf seinem Schlagzeug einen Walzer. Die anderen Jungs scheinen davon nichts mitkriegen zu wollen und konzentrieren sich nach wie vor auf das Herunterrotzen von falschen Riffs. Erst als es einen Plumps gibt und die Drums vollständig verstummen, drehen sie sich um. Sascha ist rückwärts die Bühne heruntergefallen und liegt ohnmächtig im Dreck. Wir beenden unser Set frühzeitig. Die zweihundert Zuschauer schauen dumm aus der Wäsche. So etwas haben sie noch nicht gesehen…

Unser letztes Konzert im Haus Metternich in Koblenz, ist inzwischen drei Monate her. Seitdem haben wir in unserer Heimat keine einzige Auftrittsmöglichkeit mehr ergattert. Ich bin mir nicht sicher, ob es am Polizeieinsatz liegt, der im Anschluss an unsere letzte Show erfolgt ist, oder eben daran, weil es sich nun herumgesprochen hat, dass wir wirklich scheiße sind. Meine Motivation nimmt allmählich ab, aber ganz möchte ich die SHOCKING FREAKS noch nicht aufgeben. Und das schon aus Prinzip nicht. Denn mit meinen Eltern gab es in der letzten Zeit verstärkt Ärger wegen der Band und meines „Punk-Selbstkonzeptes“, welches in Polizeikonfrontationen sowie meinen häufigen Alkohol- und Anarchieexzessen seinen Ausdruck gefunden hat. „No future? Du spinnst wohl!“
Damit ich auf andere Gedanken komme, schicken sie mich in den Ferien zu Verwandten nach Meppen. Dort lerne ich die bezaubernde Nachbarstochter Marina kennen. Um sie zu beeindrucken erzähle ich ihr von meiner Band. Sie schlägt vor, dass wir doch mal im örtlichen „Rockpalast“ spielen sollten. Was für eine fabelhafte Idee! Wenn wir im Rheinland keine Konzerte mehr spielen dürfen, dann müssen Auswärtsgigs her. Begeistert nehme ich ihren Vorschlag an und male mir in Gedanken aus, wie ich bald im Emsland auf der Bühne stehe und sie mich anschmachtet. Kaum bin ich zu Hause wieder angekommen, setze ich einen Brief an den Besitzer des Clubs auf: „THE SHOCKING FREAKS, eine bereits jetzt schon legendäre Punkrockband aus Koblenz, die musikalisch irgendwo zwischen MAYHEM, SCREECHING WEASEL und DICKIES anzusiedeln ist. Überall wo wir hinkommen, wird ‘97 zu ’77…“

Rockpalast vs. SHOCKING FREAKS: Ob George von der skandalösen Vorgeschichte der Band wusste?!?

Zwei Monate später ist es tatsächlich soweit und das Konzert steht an. Für die achtstündige Fahrt sind wir gut gerüstet: Wir haben zwei Wochenendtickets, drei Paletten Hans-A-Bier, einen Kassettenrecorder und unsere Instrumente. Zu neunt sitzen wir im ersten der vier Nahverkehrszüge, mit denen wir heute unser 350 Kilometer entferntes Reiseziel anpeilen. Die Vorfreude ist groß. Wir fühlen uns jung, gefährlich und gutaussehend. Viel zu schnell werden wir besoffen. Unser Gitarrist Kühne ist in absoluter Höchstform. Quietsch-fidel läuft er durch die Waggons, hält fremden Personen die Faust vors Gesicht oder schreit Frauenwitze durchs Abteil: „Warum haben Frauen unten zwei Löcher? Damit man sie nehmen kann, wie ein Sixpack! HAHAHA…“ Es ist ein großer Spaß. Zumindest für uns.

Einige Stunden später sitzen wir backstage im Club und sind ziemlich mitgenommen. Besonders Sascha sieht gar nicht gut aus – obendrein stinkt er seit einer Stunde nach Urin. „Ich schaffe das schon“, sagt er, mit einer Flasche Wodka im Schoß. Gnade ihm Gott, wenn nicht. Es ist unser erster Auswärtsgig. In Meppen kennt uns noch keiner – hier will ich glänzen. THE BACKWOOD CREATURES, die lokale Punkrockband, sind nette Typen mit einer fast schon ungesunden Affinität zu den RAMONES. Sie freuen sich auf unseren Auftritt und möchten unseren Support übernehmen, weil wir von weiter weg kommen.

Die Meppener spielen ein souveränes Konzert. Wir sind inzwischen alle recht hinüber und froh, wenn wir den Auftritt hinter uns bringen können. Von weitem sehe ich, dass Marina mit mehreren Freundinnen eingetroffen ist. Ich schwanke zu ihr und habe noch Kühne Schlepptau. Ihre Freude, mich wiederzusehen, lässt nach, als sie feststellt, wie dicht wir sind. „Geile Titten“, sagt Kühne. Das Kompliment kommt nicht an.

Als wir die Bühne betreten, ist der Laden voll. „Hello, we’re SHOCKING FREAKS und ihr seid mächtig scheiße! Our erster Song is called, ,Riesenpimmel‘, ihr Votzen!“ Ich ziehe meine Lederjacke aus und entblöße meinen weißen dünnen, aber dennoch irgendwie wurstigen Körper, der überwiegend von einem zu großen Unterhemd verhüllt wird. Ich versuche, so cool wie Mike Ness in die Luft zu spucken, was mir nicht annähernd gelingt. Die Rotze bleibt wenige Zentimeter vor mir an meinem Mikrofonständer hängen. Mad Ass, unser Bassist, muss die Ansage falschverstanden haben, denn er spielt unser „Weißer Hai“-Intro. Captain grunzt den „Riesenpimmel“-Refrain. Kühne spielt irgendwas. Sascha spielt gar nichts. Ich konzentriere mich auf meine zwei Riffs und schäme mich.
Beim zweiten Song, „Beeeer“, wird es etwas besser. Kühne, Mad Ass und ich spielen dasselbe Stück – wenn auch leicht zeitversetzt. Captain beherrscht seinen Text – „Beeeer…“ – und selbst Sascha wird aktiv. Er tritt nun die Basedrum und haut wie „Das Tier“ auf Snare und Becken. Dummerweise alles nacheinander und jeweils mit einer zweisekündigen Pause dazwischen. Als er während des dritten Songs, „No time to lose“, vom Schlagzeughocker und somit hinter die Bühne fällt, ist es aus. Wir brechen den Gig ab. Captain kriegt einen Wutanfall, rennt auf unseren am Boden liegenden Schlagzeuger zu und tritt ihm mehrfach in den Bauch. Der Sänger der Vorband geht dazwischen. Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie Marina und ihre Freundinnen den Club verlassen. Ich gehe ihnen nicht nach.

Rockpalast vs. SHOCKING FREAKS:Gedächtnisrekonstruktion von Bernd Bombe.

Ohne mit den anderen ein Wort zu wechseln, packe ich verärgert meine Sachen zusammen. Der Veranstalter kommt mit knallrotem Kopf auf mich zu. Ich denke nicht, dass er mir die versprochene Gage von 200 DM überreichen möchte. Und so ist es auch nicht: Er wirft uns im hohen Bogen aus dem Laden raus. Draußen regnet es. Der nächste Zug in Richtung Koblenz fährt erst wieder in acht Stunden. Sascha stecken wir in einen Einkaufswagen und peilen randalierend den Hauptbahnhof an. Es wird eine lange Nacht. Und eine ebenso lange Zugfahrt. Ich habe vor lauter Wut und Übermüdung das Gefühl, bald sterben zu müssen. Als wir versehentlich in den falschen Anschlusszug steigen, fasse ich den Entschluss, die Band zu verlassen…
(Christoph Parkinson)


***

Abschließend noch mal ein paar Ergänzungen von Bernd Bombe:
Eine unglaubliche Story! Auch wenn die wie ausgedacht wirkt: Sie stimmt tatsächlich! Ich kann es bezeugen, denn ich war dabei!!! Das Ganze muss irgendwann im Herbst 1997 gewesen sein. Zwar weiß ich nicht was Parki im Rockpalast mit "backstage" meint, aber egal. Als ich reinkam saßen jedenfalls gefährlich aussehende Typen auf der Pyramide im Palast, um die sich bereits leere Bierdosen türmten. Die erwähnte Zuschauerzahl von 200 ist übrigens gar nicht mal so utopisch. Heute wäre man froh wenn die Hälfte kommt, damals war das im Palast aber durchaus normal. Gute alte Zeiten, hach... Als die SHOCKING FREAKS die Bühne betraten war ich als alter SLAYER-Fan zuerst mal ziemlich beeindruckt, weil einer der Gitarristen eine schwarze BC Rich Warlock umgeschnallt hatte. Der erste positive Eindruck verschwand aber schnell, denn das Desaster nahm seinen Lauf! Parki redet in seinem Bericht zwar von drei Songs, ich tippe aber mal eher auf anderthalb, bevor der vollkommen dichte Drummer rücklings von der Bühne fiel. Da hatte ich schon Angst, dass er sich das Genick gebrochen hatte, aber als dann später die restliche Band auf ihren Drummer losging hatte ich fast noch mehr Angst um den armen Kerl. Man stand vor der Bühne, die nächste Band spielte schon, und hinter der Bühne kriegte der Drummer von seinen Bandkollegen heftig auf die Fresse! Man wusste gar nicht wo man hinsehen sollte ... auf die Band die gerade spielte, oder auf das blutige Schauspiel hinter der Bühne?!?! Bizarr!!!

Wie das mit den anderen Bands war weiß ich nicht mehr sicher. Wenn Parki sagt, dass die BACKWOOD CREATURES gespielt haben, wird das wohl so gewesen sein. Ich meine mich aber erinnern zu können, dass nach dem SHOCKING FREAKS Desaster spontan noch eine andere Band einsprang, die zufällig anwesend war. Das könnten die SENTIMENTS aus Osnabrück gewesen sein, die dann mit ihrem alten Frontmann Beppo Amaretto auftraten, der damals nach Meppen gezogen war. Alles jedenfalls recht spontan und improvisiert...

Was mich abschließend noch interessieren würde: Wer ist Marina? Die möchte ich gerne kennenlernen und vielleicht mal ihre Version des Konzertabends hören. Ich frage mich auch ob Parki's Meppener Verwandte von dem Auftritt wussten und anwesend waren. Die hätten der Band nach dem Rauswurf doch noch ein warmes Nachtlager anbieten können... ;)

Glossar für die zu spät geborenen unter euch:
Paletten Hans-A-Bier = Hans-A-Bier hieß eigentlich „Hansa Pils“ und war ein beliebtes und günstiges Dosenbier, in den guten alten Zeiten ohne Dosenpfand. Auf den Dosen stand oft eine schlaue Lebensweisheit von einem Mann namens „Hans A.“, sowas wie: „Hauptsache Hansa, alles andere ist euer Bier“! Gekauft wurde das Bier meist palettenweise, d. h. 24 Dosen auf Papp-Palette. Härtester Konkurrent von Hans-A-Bier war damals „Karlsquell“, ebenfalls ein günstiges Premium-Dosenbier vom Aldi. Noch heute führen erwachsene Männer handfeste Diskussionen, welches Bier das bessere war…

Kassettenrecorder = transportables Gerät zum Abspielen von Kassetten. Kassetten waren früher (in der prä-iPod/mp3-Zeit) ein beliebter Magnetbandtonträger, der momentan in der Punkrockszene tatsächlich wieder in Mode kommt.

Minus-Rockcity: Lift-Off!!!

So liebe Leute, heute fang ich mal an mit dem Blog, über Bands, Konzerte und alles was mehr oder weniger mit stromverstärkter Rockmusik in Meppen zu tun hat. Hier werde ich nach und nach mal alles so reinstellen, was sich bei mir so über die Jahre angesammelt hat. Weil das ein ziemlicher zeitlicher Aufwand ist (Recherche, alte Fotos und Flyer scannen) wollen wir mal sehen wie lange das hier dauert, aber ich denke hier sollte eigentlich regelmäßig was neues interessantes stehen. Also: am besten Lesezeichen für den Blog setzen oder auf Facebook "Gefällt mir" drucken, die FB-Seite zum Blog gibt's HIER!